Mobilitätsmanagement auf dem Land - Alternative Mobilitätslösungen gegen Landflucht

Mobilitätsmanagement auf dem Land - Alternative Mobilitätslösungen gegen Landflucht

Das Phänomen „Landflucht“ hat viele Gründe, ein gewichtiger ist die stark eingeschränkte Mobilität. Großstädte verfügen über ein ausgebautes Verkehrssystem mit einem umfangreichen Streckennetz und zahlreichen öffentlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahn, Straßenbahn, Car- oder Scooter-Sharing. Auf dem Land hingegen lassen sich die Fortbewegungsmöglichkeiten, neben dem eigenen Pkw oder Roller, oft auf ein unzureichendes Busliniennetz mit geringer Taktfrequenz eingrenzen. Wer also keinen Führerschein besitzt, der ist leider zu oft aufgeschmissen da entferntere, attraktive Ziele nicht erreicht werden können oder man durch die wenigen Abfahrten enorm benachteiligt ist. Kein Wunder, dass es dann vor allem den jungen Teil der Bevölkerung, der bis dato die meiste Zeit ohne Führerschein auskommen musste, in die Städte zieht. In diesem Beitrag erfährst du, welche alternativen Mobilitätslösungen es für das rurale Mobilitätsmanagement gibt, um die Situation für die Landbewohner zu verbessern und der Landflucht entgegen zu wirken.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, inwiefern Mobilitätsangebote von ihrer Benutzung abhängig sind. Je mehr Menschen von A nach B wollen, desto mehr Geld steht zur Verfügung um diesen Transport zu realisieren. In ländlichen Regionen heißt das vor allem, dass eine höhere Taktfrequenz geschaffen werden kann. Ist die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, sinkt die Anzahl der Abfahrten bis hin zum Kürzen ganzer Linien. Hier setzt sich daraufhin der übliche Teufelskreis in Gange. Durch die wenigen Verbindungen pro Tag zieht es die Leute in die Städte, wodurch die Verbindungen weiter sinken. Doch wie kann man diese Abwärtsspirale unterbrechen um ein angenehmeres Leben zu schaffen?

Alternative Beförderungsmittel

Wie bereits erwähnt, findet der Personentransport auf dem Land meist mit Pkw oder Bus statt. Ein Blick auf weitere Optionen lohnt, denn Wirtschaftlichkeit kann etwa durch kleinere Transportmittel oder Angebote auf Abruf gesteigert werden.

Bürgerauto

Da wäre z. B. das Bürgerauto, das man per Anruf oder digital in der App bestellt. Der Fahrer holt anschließend an der Haustür oder an einer Sammelstelle ab. Die Finanzierung ist leider oft nicht ganz einfach, weil es günstiger als ein Taxi sein soll, indessen einen ähnlichen Service bietet. Daher sind die Fahrer oft ehrenamtlich unterwegs und auch Fördermittel sowie Spenden sind nicht unüblich. Wenn möglich wird gepoolt, sodass Fahrgäste gesammelt befördert werden. Dies steigert ebenfalls die Wirtschaftlichkeit, wobei smarte Apps schon heute den effizientesten Weg berechnen können, um so viele Fahrgäste wie möglich auf einmal zu transportieren.

Sammeltaxi

Nicht zu verwechseln ist das Bürgerauto mit dem Sammeltaxi. Sammeltaxen sind grundsätzlich kommerzielle Unternehmen und auf einer festen Strecke unterwegs, auf dieser allerdings nach Bedarf ausgestiegen werden kann. Wie der Name es schon verrät, werden Fahrgäste zusammengelegt und die Fahrt beginnt sobald der Chauffeur mit der Auslastung zufrieden ist. Anwendung findet dieses Konzept unter anderem an Bahnhöfen, wo potentielle Fahrgäste in Mengen ankommen und noch einen letzten Weg zum Endziel machen müssen.

Bürgerbus

Bürgerbusse sind eine Ergänzung zum ÖPNV und im Linienverkehr unterwegs, können aber gleichermaßen per Abruf fahren. Manövriert werden sie von Ehrenamtlichen Fahrern und damit diese keinen zusätzlichen Führerschein benötigen, wird meistens ein Kleinbus mit maximal acht Passagieren eingesetzt. Verantwortlich für den Verkehr ist entweder der örtliche ÖPNV-Betrieb oder ein eigens gegründeter Bürgerverein. Abgesehen vom Ehrenamt und den Einnahmen sind weitere Finanzierungsquellen wie Spenden, Mitgliedsbeiträge oder Fördermittel üblich.

Mitfahrgelegenheit

Über Apps oder Online-Portale kann man recht einfach eine Mitfahrgelegenheit finden. Das schöne dabei ist, dass beide Seiten profitieren. Der Fahrgast kommt an sein Ziel und der Fahrer muss die Fahrtkosten nicht alleine tragen. Hierbei kann man sich über die Möglichkeit hinaus, sich hin und wieder eine Fahrgelegenheit zu beschaffen, auch für planmäßige, permanente Fahrten wie z. B. zum Pendeln organisieren.

Park & Ride Parkplätze

Park & Ride Parkplätze fördern die intermodale Mobilität und sind vor allem dann attraktiv, wenn das Abstellen eines Pkws kostenlos ist. So können nicht nur Fahrgemeinschaften gegründet werden, sondern ferner auf den ÖPNV oder sogar den Fernverkehr umgestiegen werden. Gerade wenn der Arbeitsweg überdurchschnittlich lang und lediglich der Zug am nächsten Bahnhof eine Option ist, ist es sehr hilfreich, wenn man sein Auto Tagsüber am Bahnhof stehen lassen kann.

Mitfahrbänke

Ein recht simples Konzept sind Mitfahrbänke. Sie befinden sich meist an viel befahrenen Straßen, neben Bushaltestellen oder sonstigen Punkten die Platz zum Anhalten bieten. Wer eine Mitfahrgelegenheit sucht, nimmt einfach auf der Bank Platz, die sich in der gewünschten Fahrtrichtung befindet. Mit etwas Glück gibt es sodann eine Mitfahrt umsonst. Oftmals haben die Bänke sogar Schilder mit den Namen der Orte, die sich an der Strecke befinden. Doch wie beim Trampen sind lange Wartezeiten durchaus möglich.

Car-Sharing oder kommunale Sharing-Fahrzeuge

Car-Sharing ist vor allem aus Großstädten bekannt, bloß schaffen es die Anbieter nicht in die ländlichen Gegenden. Daher liegt es an den Landbewohnern einen eigenen Car-Sharing Dienst zu gründen. Dabei kommen Privatautos zum Einsatz, die sich die Leute, genauso wie die Kosten, teilen. Mittlerweile gibt es auch Smart Phone Apps, die die Car-Sharing Dienste fernab dabei unterstützen, ein Kostenmodell aufzustellen und die Fahrzeuge buchbar zu machen.

Pkw-Sondergenehmigung

Der eigene Führerschein und das eigene Auto sind auf dem Land nicht weg zu denken, doch kommt diese Option erst ab dem 18. Lebensjahr in Frage. Nicht unbedingt, denn in den ländlichen Regionen ist es durchaus möglich, den Führerschein vorzuziehen. Und so dürfen Minderjährige bereits ab dem 17. Lebensjahr einen Führerschein besitzen, wenn eine Notwendigkeit. Alleine darf man das Auto jedoch dann nur auf bestimmten, klar definierten Strecken fahren, meistens also ausschließlich zum schwer erreichbaren Ausbildungsplatz. Darüber hinaus muss ein Minderjähriger vorab durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung, welche kostspielig ist.

Streckennetz optimieren und Anbindung schaffen

Neben der integrierten Mobilität, d. h. ergänzenden, fahrbaren Untersätzen, und deren Taktfrequenz, ist es aber vor allem wichtig die Strecken und ihre Ziele zu überdenken, will man die Landflucht kontern. Ist ein Ballungszentrum nicht allzu fern, ist die Anbindung von höchster Priorität. Durch solch eine Anbindung fühlen sich die Bewohner auf dem Land nicht von der Welt abgeschnitten, da sie bei Bedarf oder Verlangen die Stadt aufsuchen können. Sie können gebrauch der kulturellen Vielfalt machen und Museen, Konzerte oder Sportveranstaltungen besuchen sowie die Shoppingmeile erobern.

Es ist allerdings nicht einzig das Großstadtgefühl und seine Freizeitangebote, das den Unterschied macht. Für die Menschen in den dörflichen Gegenden geht es vor allem darum Notwendigkeiten zu erreichen. Sie benötigen zum Beispiel einen nahezu unbegrenzten Zugang zu Bildung, wie weiterführenden Schulen, Universitäten oder jegliche Art von Weiterbildungen. Will man im Leben weiterkommen, egal ob privat oder im Berufsleben, führt kein Weg an Bildungsangeboten vorbei. Doch zu oft kommt es bereits im jungen Alter vor, dass die Abiturienten ihre Heimat auf dem Land verlassen um in der Stadt zu studieren. Nicht selten bleiben sie daraufhin dort hängen.

Berufstätige wollen fernab wohnen bleiben, wenn sie zumindest in angemessener Zeit pendeln können. Große, attraktive Arbeitgeber in der Umgebung sollten gut erreichbar sein, ohne dass ein Großteil des Gehaltes für das Pendeln ausgegeben werden muss.

Am wichtigsten im Leben ist indes vor allem eines, die Gesundheit! Und so ist es ein absolutes Muss, dass Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen oder Krankenhäuser problemfrei erreicht werden können. Leider sind es gerade die älteren Menschen, die solche Einrichtungen verstärkt aufsuchen müssen, jedoch meistens selbst nicht mehr fahrtüchtig sind. Sie sind dann auf den ÖPNV oder Fahrdienste angewiesen.

Sein Streckennetz nach solchen notwendigen Zielen auszurichten ist unausweichlich, weil sonst das Leben in ruralen Gegenden einfach nicht möglich ist. Und um den verschiedenen Bevölkerungsgruppen gerecht zu werden, ist es äußerst wichtig zuzuhören, was sie zur Mobilität in ihrer Kommune zu sagen haben. Es sind ja vor allem ihre Bedürfnisse, die berücksichtigt werden müssen.

Die Mobilität richtig managen

Am Ende ist es also die Kombination aus ÖPNV, ergänzenden alternativen Beförderungsmitteln und einem gut durchdachten Streckennetz mit vor allem notwendigen, aber auch attraktiven Zielen, die einer ländlichen Region wieder Leben einhauchen kann. Wobei nicht vergessen werden sollte, dass es in Großstädten zwar ein ausgebautes Verkehrssystem gibt, es allerdings durchaus vorkommt, dass man innerhalb einer Stadt Wege von einer Stunde und mehr zurücklegen muss.

Autor: CRITICITY
Bildquelle: Elviss Railijs Bitans | Pexels

 

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